Die Franzoesische Revolution by Hans-Ulrich Thamer

Die Franzoesische Revolution by Hans-Ulrich Thamer

Autor:Hans-Ulrich Thamer
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: C H Beck Verlag


6.2. Der Prozeß gegen den König

Die politischen Ereignisse der folgenden Monate überschlugen und überlagerten sich. Sie sollen darum an einigen Leitlinien der Kontroversen aufgereiht und so übersichtlicher gemacht werden. Der erste große Grundsatzkonflikt, der auch für das weitere Schicksal der Revolution von zentraler Bedeutung sein sollte, entbrannte über die Frage, was mit dem König nach seiner endgültigen Absetzung am 21. September 1792 geschehen sollte. Die Forderungen militanter Publizisten und Sektionsversammlungen, den «Hochverräter Louis Capet» hinzurichten, wurden lauter, als man am 20. November in den Tuilerien einen Geheimschrank fand, aus dessen Inhalt hervorging, daß Ludwig XVI. eine rege Korrespondenz mit Emigranten und feindlichen Mächten, aber auch geheime Verbindungen mit Mirabeau und anderen pflegte. Nun machte sich Jacques Roux, der «rote Priester» und Mitglied der Cordeliers, zum Sprecher der radikalen Kräfte. Er rief zur Verurteilung von «Ludwig dem Letzten» auf. «Es ist an der Zeit», begründete er das Recht der Revolution, «die Freiheit der Völker zu festigen, indem man rechtmäßig das unreine Blut der Könige vergießt.» Der Konvent berief sich zwar weiterhin auf sein souveränes Recht, allein im Namen der Nation zu entscheiden, konnte in der Sache aber nicht umhin, doch den Prozeß gegen den König zu eröffnen und sich zum Gerichtshof zu erklären. Damit hatten sich die radikalen Kräfte in und außerhalb der Versammlung durchgesetzt. Die Girondisten hingegen, die den König hatten schonen wollen und die in dessen Absetzung nach dem 10. August schon genug Strafe sahen, konnten sich mit ihrer juristischen, menschlichen und außenpolitischen Argumentation nicht durchsetzen. Für gemäßigte Positionen war in einer Atmosphäre der kollektiven Ängste und Emotionen wenig Raum. Robespierre sah in der Verurteilung Ludwigs eine «Maßnahme des öffentlichen Wohls» und einen «Akt der Vorsehung». Die Haltung gegenüber dem abgesetzten König war für ihn eine Entscheidung für oder gegen die Revolution. Darum rief er in dem politischen Prozeß den Abgeordneten im Konvent am 3. Dezember 1792 zu: «Sie haben nicht ein Urteil für oder gegen einen Menschen zu fällen. […] Ludwig muß sterben, weil es Not tut, daß das Vaterland lebe.» Da sich die Girondisten dieser Argumentation widersetzten, wurden sie aus dem Jakobinerklub ausgeschlossen. Die Bergpartei und die Mehrheit des Konvents beugten sich dem Druck der Straße. Das Ritual der zweimaligen Anhörung des Königs machte die vollständige Delegitimierung des Königs sichtbar. Jetzt wurde Ludwig XVI., dessen Ansprache der Dritte Stand drei Jahre zuvor nach einem feierlichen Einzug nur stehend anhören durfte, nur noch vom Sitzungspräsidenten angeherrscht: «Louis, setzen Sie sich». Dementsprechend entschied der Konvent in vier namentlichen Abstimmungen vom 15. bis 17. Januar 1793, daß Ludwig der «Verschwörung gegen die Freiheit» schuldig sei. Dies bejahten 673 Abgeordnete von 718. Zweitens müsse seine Verurteilung nicht durch eine weitere Abstimmung des Volkes ratifiziert werden. Drittens stimmten von 721 Abgeordneten 387 für die Todesstrafe, 334 waren dagegen. Viertens sollte diese Urteil sofort vollstreckt werden (361 Ja-Stimmen, 360 Nein-Stimmen). Am 19. Januar wurde wegen des sofortigen Strafvollzugs noch einmal abgestimmt, 383 waren gegen, 310 für den Strafaufschub.

Zwei Tage später, am 21. Januar 1793, fand die öffentliche Hinrichtung auf der ehemaligen «Place de



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